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Akutes Lungenversagen (ARDS)

Extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zwecks Beratung und/oder Übernahmeersuchen eines Patienten mit akutem Lungenversagen (ARDS) können Sie uns jederzeit (Tag und Nacht) über die Telefonnummer (0234) 299-80012 erreichen. Eine Antragsformular mit einem Übernahmeersuchen zur ECMO-Therapie können Sie hier herunterladen.

Intensivstation - Behandlung des akuten Lungenversagens ECMO (=Extrakorporale Membranoxygenierung)

Die anästhesiologische Intensivstation des Universitätsklinikums Knappschaftskrankenhaus Bochum behandelt Patienten mit ARDS. Die Aufnahmen der ARDS Patienten erfolgt rund um die Uhr während des normalen Stationsablaufes. Bei 20 Intensivbetten besteht eine Sollbesetzung von sieben Pflegekräften pro Schicht. Die Aufnahme und Akutversorgung dieser Patienten obliegt mindestens zwei Pflegekräften, die dementsprechend bei dem Routinestationsablauf und der Versorgung der anderen Patienten fehlen.

Wird ein ARDS-Patient angekündigt, erfolgt dieses über ein eigens dafür eingerichtetes ARDS-Telefon.

Anmeldung: Akutes Lungenversagen (ARDS)

Ein auswärtiges Krankenhaus meldet einen Patienten mit schwerem Lungenversagen an. Nun wird telefonisch die Ursache und Schwere des ARDS, sowie Alter, Vorerkrankungen und Beatmungsdauer erfragt. Aufgrund dieser Informationen entscheidet ein Oberarzt, ob der Patient übernommen wird.

Vor der telefonischen Zusage erfolgt eine Absprache zwischen Oberarzt und Pflegepersonal, um zu klären, ob genügend Kapazitäten für die Versorgung des zu übernehmenden Patienten vorhanden sind. Ggf. können zusätzliche Personalressourcen geschaffen werden durch eine vorzeitige Verlegung vorhandener Patienten zur Nachsorge auf eine andere Station.

Dann wird der Transport der Patienten in unsere Klinik organisiert. Grundsätzlich holen wir die Patienten aus dem auswärtigen Krankenhaus ab (via Hubschrauber oder NAW). Für den Transport des Patienten wird unsere mobile Transporteinheit vorbereitet. Ein Notfallkoffer mit allen wichtigen Medikamenten befindet sich ebenso an der Transporteinheit.

Nach Rücksprache mit dem begleitenden/zuständigen Arzt werden die benötigten Perfusoren wie z.B. Fentanyl, Suprarenin und Arterenol ebenfalls mit doppellangen Perfusorleitungen vorbereitet. Des weiteren steht ein mobiles ECMO System der neuesten Generation (Cardiohelp, Maquet) zur Vefügung, falls der Patient auswärts eine extrakorporale Membranoxygenierung benötigt.

Während eine Pflegekraft mit der Vorbereitung des Transportes beschäftigt ist, rüstet eine zweite Pflegekraft das Patientenzimmer auf. Da alle Patienten standardisiert aufgenommen und versorgt werden, können viele Maßnahmen schon vorbereiten werden, bevor der Patient auf der Station eintrifft.

Für alle ARDS Patienten gilt:

  • 3er Drucksystem zur Messung des arteriellen Blutdruckes, des pulmonalarteriellen Druckes und des zentralen Venendrucks richten.
  • Monitor mit den passenden Einschüben versehen (zusätzlicher Druckeinschub zur pulmonalarteriellen Messung), Konfiguration anpassen und die Kurvenhöhe kontrollieren (art.Druck: 150 mmHg, PAP: 40 mmHg, ZVD: 40 mmHg)
  • Beatmungsmaschine (Evita 4) kontrollieren und auf BIPAP-Modus mit 100% FiO2 einstellen
  • Perfusoren und Infusionen vorbereiten
  • Prophylaxe-Matratze (Low-Flow-System) für den Patienten aufrüsten

Zum standardisierten Vorgehen gehört auch das Wechseln aller liegenden Katheter bzw. die Neuanlage von Kathetern. Die Neuanlage der Katheter wird im Patientenzimmer schon vorbereitet. Wir legen grundsätzlich bei jedem ARDS-Patienten :

  • Zentralen Venenkatheter mit 5 Lumen
  • Arteriellen Katheter
  • Shaldon Katheter
  • Schleuse für Swan-Ganz-Katheter
  • Swan-Ganz-Katheter
  • evtl. ECMO Katheter (ECMO = Extrakorporale Membranoxygenierung) Größe ist unterschiedlich und abhängig von Größe und Gewicht des Patienten (17-23 French)

Da die meisten ARDS Patienten einen pulmonalen Hypertonus haben, erfolgt immer die vorherige Bereitstellung des NO-Gerätes. NO = Stickstoffmonoxid ( Meßgröße: ppm = part per million ) Inhaliertes NO bewirkt die Verbesserung einer vorhandenen Hypoxie durch Umverteilung des Blutflusses in die ventilierten Bezirke der Lunge und somit eine Reduktion des intrapulmonalen Shunts. Das NO hat den Vorteil, dass es nur in den ventilierten Lungenabschnitten wirkt und durch Kontakt mit Blut inaktiviert wird. Als potenter Vasodilatator senkt es den Druck im kleinen Blutkreislauf. Die Dosierung von NO erfolgt in den Inspirationsschenkel des Beatmungssystems.

Beim Einsatz von NO kristallisieren sich zwei Patientengruppen heraus:

  1. Responder - diese reagieren gut auf die NO-Therapie, die Oxygenierung wird besser und/oder der pulmonale Druck wird gesenkt.
  2. Non-Responder - reagieren nicht auf die NO-Therapie. Es erfolgt keine Verbesserung des pulmonalen Gasaustausches und keine Verbesserung des pulmonalarteriellen Druckes.

Für einen schnellen und reibungslosen Arbeitsablauf hat es sich als vorteilhaft erwiesen, die Patienten schon im Vorfeld im EDV-System zu erfassen und die erforderlichen Blutabnahmen für das Aufnahme-Labor bzw. für das Routine-Labor am Folgetag zu richten. Beim Eintreffen des ARDS-Patienten braucht dann nur noch die Aufnahmezeit in der EDV-Erfassung aktualisiert zu werden.

Das Aufnahme-Labor beinhaltet:

  • Blutbild
  • Gerinnung
  • große klinische Chemie
  • C-Reaktives Protein (CRP)
  • Blutgruppenbestimmung und Kreuzprobe
  • 10 Blutkonserven werden bei der Aufnahme gekreuzt für den eventuellen Anschluß an die ECMO

Das Routine-Labor umfasst:

  • Differentialblutbild
  • Gerinnung 
  • Große klinische Chemie
  • CRP = C-Reaktives Protein
  • PCT = Procalcitonin
  • Legionellenserologie
  • Legionellenantigen im Urin
  • CMV Serologie = Cytomegalievirus und pp65
  • Hepatitis Serologie
  • HIV Status
  • Mykoplasmenserologie (Mykoplasma : Organismus zwischen Bakterien und Viren)
  • Chlamydienserologie (obligat intrazelluläre, kleine Bakterien)
  • Kälteagglutinine (Bildung von Kälteaglutininen, z.B.bei Mykoplasmen-Pneumonie), die eine Hämolyse zur Folge haben
  • RSV = Respiratory-Syncytial-Virus
  • Adeno-, Influenca- und Parainfluenca- Virus

Diese Blutabnahmen erfolgen insbesondere bei ambulant erworbener Pneumonie, um den Erreger der vorhandenen Lungenerkrankung erfassen zu können und eine darauf abgestimmte Antibiotikatherapie schnellmöglichst einzuleiten. Als weitere diagnostische Maßnahme wird routinemäßig bei der Aufnahme eine Bronchoskopie durchgeführt, so dass ein Bronchoskop und eine Lichtquelle vorbereitet werden.

Während auf der Station alle Vorbereitungen auf Hochtouren laufen, steht unser Abholteam per Handy mit uns in Verbindung und teilt bereits im Vorfeld mit, wie es dem Patienten geht, und was wir ggf. noch vorbereiten müssen. Läßt sich der Patient mit herkömmlichen Beatmungsstrategien (PEEP-Erhöhung auf über 20 mbar) nicht ausreichend oxygenieren (die pulsoxymetrischen Sättigungen bleiben bei weit unter 90%) und wird der Patient progredient hämodynamisch instabil, (Katecholamine müssen gesteigert werden) erteilt uns unser Abholteam den Auftrag, die ECMO (ECMO = Extrakorporale Membranoxygenierung) vorzubereiten.

Die ECMO ist eine venovenöse Herzlungenmaschine, deren Vorbereitung und Aufbau entsprechend Zeit in Anspruch nimmt. Der Aufbau wird von Ärzten und Pflegepersonal gemeinsam vorgenommen und die ECMO-Einheit dann in das bereits aufgerüstete Patientenzimmer gefahren. Als ECMO steht eine Cadiohelp (Maquet) zur Verfügung.

Patientenaufnahme - Computertomographie

Vor Patientenaufnahme auf der Station erfolgt routinemaßig eine Computertomografie. Alle Patienten erhalten ein Schädel - CT , um Hypoxie und Hirndruckzeichen auszuschließen. Ein Thorax-CT wird durchgeführt, um das Ausmaß der geschädigten Lungenareale festzustellen, evtl. um verborgene, ventrale Pneumothoraces oder ausgeprägte Ergüsse aufzufinden und zu entlasten.

Mit dem Arzt begleitet die betreuende Pflegekraft den CT-Transport und übernimmt den Patienten dann auf die Station. Der Patient wird nun in das für ihn vorbereitete Zimmer gefahren.

Zur Grundversorgung des Patienten erfolgt zunächst der Anschluss an alle notwendigen Geräte wie Beatmung und Monitor mit ergänzender Blutgasanalyse, Laborabnahme, Blutkulturengewinnung und das Schreiben eines Aufnahme-EKG's. Von der pflegerischen Seite erfolgt eine Beurteilung und Dokumentation des Allgemein,-, Ernährungs,- und Hautzustandes, mit standardisierter Risikoeinschätzung zur Dekubitus-, Pneumonie- und Thrombosegefahr.

ECMO - Therapie - Katheterisierung

Die weitere Versorgung des Patienten beinhaltet die haemodynamische und respiratorische Stabilisierung (Volumengabe, Katecholaminzufuhr, häufige Blutgasanalysen mit entsprechender Anpassung der Beatmungsparameter). Zeitgleich erfolgt die Katheterneuanlage mit den bereits vorgerichteten Kathetern. Die alten Katheter werden nach erfolgreicher Neuanlage und Röntgenkontrolle gezogen und die Katheterspitzen in die Mikrobiologie eingeschickt, wo sie auf Keime untersucht werden.

Sollte es zu keiner respiratorischen Verbesserung nach Anpassung der Beatmungsparameter und nach NO-Gabe kommen, bzw. ist der Zustand des Patienten bereits bei der Aufnahme sehr kritisch, dann wird die ECMO angeschlossen. Dafür werden folgende Materialien benötigt:

  • bereits vorbereitete ECMO mit vorgefülltem Schlauchsystem
  • 2 ECMO Katheter (in der Regel ein 21 F.- Katheter für die V.femoralis für die Zufuhr venösen Blutes in die Herz-Lungen-Maschine und ein 21 F.- Katheter für die gegenseitige V.femoralis für die Rückfuhr oxygenierten Blutes zum Patienten)
  • sterile Nierenschale
  • Kochsalz und Heparin
  • sterile Blasenspritzen
  • Schlauchklemmen
  • Kabelbinder + Zange
  • Nahtmaterial und Nadelhalter
  • sterile Kompressen
  • sterile Abdecktücher
  • Desinfektionsmittel
  • OP-Handschuhe
  • steriler Kittel
  • Haube und Mundschutz

Die Anlage der ECMO-Katheter erfolgt üblicherweise in beide Fremoralvenen. Sind diese Katheter angelegt, werden sie sofort mit NaCl 0,9% klargespült, mit einer Hautnaht gut fixiert, anschließend mit dem jeweiligen Konnektor des Schlauchsystems verbunden und mit einem Kabelbinder fest gesichert. Wenn möglich, sollte an beide Konnektoren ein Dreiwegehahn angebracht werden. Somit kann später eine CVVHD (kontinuierliche Veno-venöse Hämodialyse) im Bypass angeschlossen werden.

Beim "Anfahren" der ECMO kommt es kurzfristig immer zu einem drastischen Abfall des arteriellen Druckes. Daher muß hierbei die Reanimationsbereitschaft gewährleistet sein.

Für den Anschluss an die ECMO sind erforderlich:

  • Notfallwagen und Defibrilator
  • Sämtliche Notfallmedikamente (insbesondere Calcium, Magnesium)

Die Katecholaminperfusoren sollten vor Anschluß frühzeitig anlaufen, bis sich der systolische Blutdruck bei ca. 160 - 170 mmHg befindet. Dann werden die Pumpen langsam angefahren, bis der notwendige Pumpenfluß erreicht ist. Nach Justieren der Pumpen- und Frischgasflüsse kann die Beatmung über die Evita 4 fast komplett eingestellt werden, denn die ECMO übernimmt nun die Funktion der Lunge. Die kranke Patientenlunge wird lediglich vier mal pro Minute mit einem minimalen Atemzug (100-200 ml) beatmet und ansonsten unter einem hohen PEEP (20 mbar) und einem Pmax von 35 mbar entfaltet belassen (APRV - Modus).

APRV = Airway Pressure Release Ventilation

Bei dieser Beatmungsform wird die maschinelle Ventilation nicht durch Beatmungshübe, sondern durch kurzzeitige Druckentlastungen erreicht, wobei die Zeitdauer des niedrigen Druckniveau auf unter 1,5 sec begrenzt wird. APRV kann auch als CPAP definiert werden, bei dem für kurze Zeit das hohe Druckniveau auf ein niedriges Druckniveau abgesenkt wird.

Regelmäßige Blutgaskontrollen sind nach ECMO-Anschluss erforderlich, damit die vorgenommenen Einstellungen den Werten angepasst werden können. Hat sich der Patient stabilisiert, ist es wichtig, eine schnellstmögliche Spontanisierung der Atmung wiederherzustellen, damit die Atem und Atemhilfsmuskulatur nicht degeneriert. Wir lassen unsere Patienten durchaus unter ECMO-Therapie CPAP atmen.

Zusammenfassung

Wie man erkennen kann, bilden Vorbereitung, Aufnahme und Grundversorgung externer ARDS Patienten einen äußerst aufwendigen Vorgang, der viel Zeit in Anspruch nimmt. Daher möchten wir Sie gerne dazu ermutigen, weder vor einem Beratungsgespräch noch einem Übernahmeersuchen zurückzuschrecken und bitten Sie mit der Kontaktaufnahme nicht zu zögern. Gute Zusammenarbeit und schnelles Handeln von Ärzten und Pflegepersonal im Team sind Voraussetzungen für einen reibungslosen Arbeitsablauf.

Ansprechpartner

Helge Haberl
Helge Haberl
eMail: helge.haberl@kk-bochum.de

ARDS-Notfalltelefon

  • Tel: (0234) 299-80012

Beratung und / oder Übernahmeersuchen bei Patienten mit akutem Lungenversagen zu JEDER Zeit.

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